HIB Boerhaavegasse

HIB Boerhaavegasse

Beispielhaft für die Prinzipien: Kommunikation, Natur und Umwelt, Präsentation

HIB Boerhaavegasse – Pilotprojekt

Der Garten des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums mit besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung, Wien 3 – besser bekannt unter HIB (Höhere Internatsschule des Bundes) Boerhaavegasse – ist der erste partizipativ entwickelte Schulfreiraum einer Bundesschule und das Pilotprojekt des ÖISS Arbeitskreises "Schulfreiräume“ für eine umfassende Schulgartengestaltung.

Die Schule

Das BG und BRG mit besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung, Wien 3 ist eine öffentliche Bundesschule mit angeschlossenem Internat. Die Schule bildet Schülerinnen und Schüler von der 5. bis zur 12. Schulstufe aus und schließt mit der Reifeprüfung ab. Die Ausbildung ist in vier Studienzweige gegliedert: das Gymnasium für moderne Sprachen, den bildnerischen Zweig, den musischen Zweig und den Ballettzweig. Der Garten der HIB, der durch den Abriss eines Pavillons im Zuge der Sanierungsarbeiten an Fläche gewonnen hat, ist durch die ganztägige und ganzjährige Nutzung von Schule und Internat von besonderer Bedeutung.

Der Umgestaltungsprozess

2002 lud die Geschäftsführung der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) den ÖISS Arbeitskreis „Schulfreiräume“ ein, den Schulgarten der HIB in Zusammenhang mit der geplanten Sanierung und Erweiterung der Baulichkeiten als Pilotprojekt für einen bedürfnisgerechten Freiraum zu bearbeiten.

Innerhalb des ÖISS-Arbeitskreises Schulfreiräume wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die einen beispielhaften Partizipationsprozess organisierte. Das Planer/innenteam des Arbeitskreises, DIin Alice Größinger (idealice) und DIin Paula Polak, hat die Resultate der Beteiligung in einen Gestaltungsplan übersetzt, der im Rahmen des Schulfestes im Juni 2003 präsentiert wurde. Durch die darauf folgende Beauftragung des Teams mit der Planung des Schulgartens konnten Kontinuität gewährleistet und die entwickelten Qualitäten sichergestellt werden. Bedingt durch einen Baustopp beim Umbau des Schulgebäudes gab es einige Verzögerungen; dennoch konnte der Schulgarten 2007 umgesetzt und am 12. Oktober feierlich eröffnet werden.

Datenblatt

Gesamtfläche des Schulgartensca. 8.000 m²
Neu gestaltete Fläche4.550 m²
AusführungszeitraumApril bis November 2007
BauherrBIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.
GeneralplanerArchitekt DI Johannes Zeininger
Planung FreiraumARGE idealice - DIin Alice Größinger & DIin Paula Polak 
BeteiligungMag.a Judith Heissenberger, DIin Alice Größinger
Planung GestaltungsplanDIin Alice Größinger, DIin Paula Polak
Beratung Spielgeräte GestaltungsplanPaul Toporek
ProzessbegleitungÖISS-Arbeitskreis Schulfreiräume
Ausführende FirmenLandschaftsbau: naturgarten
Zimmerer: Wolfthal Zimmerei GmbH

Bilder und Pläne

Der Partizipationsprozess

Beteiligung

Unter Leitung von
Mag.a Judith Heissenberger und DIin Alice Größinger

Mehr als 600 SchülerInnen, Lehrer/innen, Erzieher/innen und Eltern der HIB waren 2003 am Partizipationsprozess beteiligt.
Die Beteiligung wurde in mehrere Phasen gegliedert, um in einem gestaffelten Prozess möglichst viele Personen an der Schule zu erreichen und zu beteiligen.
Ein zweitägiger Vorbereitungsworkshop diente der inhaltlichen Themenfindung für den Planungsrahmen in Gruppen sowie der methodischen Vorbereitung der GruppenleiterInnen. Letztere leiteten im Rahmen der folgenden Partizipationswerkstatt an zwei Tagen 15 Einzelgruppen.
Parallel zum Vorbereitungsworkshop wurde für die Lehrerinnen und Lehrer ein Workshop zum Thema "Learnscape und Unterricht" angeboten, der der Bewusstseinsbildung und den Wünschen und Anforderungen an den Garten aus der Sicht der LehrerInnen diente.
Im Rahmen der Partizipationswerkstatt wurden Themen wie "Burschen und Mädchen", "Sport", "Flexibilität" oder "Unterrichten im Freien" etc. bearbeitet.
Die Einzelergebnisse der Partizipationswerkstatt wurden allen Beteiligten und Interessierten an der Schule präsentiert; zu dieser Veranstaltung kamen die Presse, Vertreter der BIG sowie des Architekturbüros und ca. 80 SchülerInnen und Lehrer/innen. Im Rahmen der Präsentation wurden die verdichteten Resultate aus der Beteiligung offiziell an das Planungsteam des ÖISS überreicht.
Nach einigen Verzögerungen beim Umbau wurde der Beteiligungsprozess 2006, als die Realisierung der Gartengestaltung bevorstand, reaktiviert. Im Februar 2006 fand eine Informationsveranstaltung statt, an der auch die Bezirksvorstehung teilnahm und die den Garten und die vorangegangene Beteilung wieder in das Bewusstsein der Schule - vor allem der inzwischen neu hinzugekommenen Schülerinnen und Schüler - rückte. Im April 2007 fanden an der Schule Gartenprojekttage statt; mit zahlreichen Schülerarbeiten wurden Mittel für den Schulgarten gesammelt .Auch wechselnde SchülerInnenpatenschaften für den Garten und seine Pflege wurden definiert. Im Juni 2007 wurde ein Beteiligungsworkshop mit SchülerInnen zur Gestaltung der Kunstgräben von Alice Größinger angeboten und durchgeführt. Zusätzlich fand ein Pflanzworkshop von Paula Polak mit SchülerInnen der 2. Klassen statt.

Die Phasen im Überblick

18.02.2003Auftaktveranstaltung
20. und 21.02.2003Vorbereitungsworkshop: Judith Heissenberger und Alice Größinger
 Workshop "Learnscape und Unterricht": Günther Pfaffenwimmer (BMBWK) und Johannes Tschapka (Forum Umweltbildung)
19. und 20.03.2003Partizipationswerkstatt: Judith Heissenberger und Alice Größinger
18.04.2004Präsentation der Ergebnisse der Partizipationswerkstatt
25.06.2003Präsentation des Gestaltungsplans im Rahmen des Schulfestes
15.02.2006Infoveranstaltung an der Schule
April 2007Gartenprojekttage
Juni 07Beteiligungsworkshop Kunstgräben
 Pflanzworkshop

 

Planung

Auf die Beteiligung und den daraus entwickelten Gestaltungsplan, der den gesamten Garten mit einer Fläche von ca. 8.000 m² umfasste, folgte von 2005 bis 2007 der Planungsprozess mit den Leistungen Vorentwurf, Entwurf, Detailplanung und Ausschreibung. Diese Planung wurde allerdings auf den Innenhof, der durch den Abbruch eines Pavillons an Größe gewonnen hat, und eine Fläche von ca. 4.500 m² umfasst, beschränkt. Der Hof wurde in drei Teilbereiche gegliedert:

  • Ateliergarten
  • Bühnengarten
  • Naturgarten

Beim Entwurf für den Schulfreiraum wurden alle Prinzipien der Schulfreiräume berücksichtigt:

Ateliergarten

Der Ateliergarten verwirklicht das Prinzip: Präsentation
Der Ateliergarten wird durch zwei Beläge definiert:
- die harte Asphaltfläche, die für die Feuerwehrzufahrt notwendig ist und
- die naturnahe, wassergebundene Schotterdecke.
Als verbindende Elemente fungieren Kunststreifen, die von den SchülerInnen mitentworfen, teilweise auch selbst bemalt oder gestaltet wurden.
Die Ausgestaltung thematisiert die 4 Zweige der Schule
Musischer Zweig: ein von der Schule selbstgebautes Klangelement wurde hier aufgestellt.
Ballettzweig: Fußabdrücke der sechs Grundpositionen wurden von Schülerinnen in Beton eingedrückt. So kann jede/r Ballet üben.
Bildnerischer Zweig: Eine lange Werkbank bietet Arbeitsraum im Freien. Dazu wurden alte Werkbänke der Schule saniert und mit Betonfundamenten fixiert.
Moderne Sprachen: in einen Kunststreifen aus Krustenplatten wurden Begrüßungsworte in verschiedenen an der Schule gelehrten Sprachen eingemeißelt.

Naturgarten

Der Naturgarten verwirklicht das Prinzip: Natur & Umwelt
Im Zuge der Partizipation wurde der Wunsch nach "mehr Grün, mehr Natur" wiederholt formuliert und primär gereiht. Der Vorstellung von üppigen, sattgrünen Rasenflächen konnte allerdings nicht entsprochen werden; Rasen würde dem Betritt von rund 1.000 Jugendlichen nicht Stand halten. Zusätzlich stellte sich das Problem der mangelnden Pflege- und vor allem Gießkapazitäten.
So entstand auf ca. 900 m² das Konzept "Naturgarten", mit den Schwerpunkten Bachlauf, Schotterrasen, Wildstaudenbeeten.
Über 200 m² nimmt der Bachlauf ein, der aus der Vogelperspektive einer Riesenschlange nachempfunden ist. Wasser plätschert in das von Sitzsteinen eingerahmte Quellbecken und mäandriert in einem zwischen 1 und 3 Meter breiten, bepflanzten Bachbett bis in den 50 m² großen Teich. Der Bach ist besetzt mit 60 verschiedenen, robusten heimischen Sumpf- und Wasserpflanzenarten wie Rohrkolben, gelber und blauer Schwertlilie, Seerosen, Fieberklee, Sumpfdotterblume und Sumpf- Vergissmeinnicht. Die Pflanzen entziehen dem Wasser die Nährstoffe, wandeln sie in Blattmasse um und halten so das Wasser sauber. Der Bachlauf ist mittels Betonbett sicher eingerahmt von Natursteinen und kann auf Trittsteinen und Holzbrücken an mehreren Stellen überquert werden. Im Sinne des Prinzips der "Veränderbarkeit" wurden nicht alle Steine und Kiesel im Bachlauf einbetoniert, freies Gestalten und Wehre bauen sind noch möglich. Natürlich wird der Bach - vor allem von SchülerInnen der Unterstufe - zum Überspringen ebenso genutzt wie zum "Füßebaden" und "Papierschifferl fahren". Mehrere Lärchenholzdecks bieten Jugendlichen aller Schulstufen die Möglichkeit zu Entspannung und Kommunikation.
Die Bewegungs- und Abstandsflächen sind als Schotterrasen angelegt, wodurch Regen versickern kann - aufgebaut wie eine wassergebundene Schotterdecke, mit 2 cm Humus oberflächig eingearbeitet, besamt mit speziell trittfesten, bedürfnislosen Pflanzenarten.
Außerhalb der sich durch die Nutzung ergebenden Trampelpfade wirkt der Schotterrasen grün, auf den Pfaden selbst geht man trocken, Regen versickert im Unterbau aus Gräder. Hier werden die Prinzipien "Nachhaltigkeit" und "Ökologie" angewandt.
Die Pflanzbeete wurden rechteckig geplant, klar abgegrenzt vom Schotterrasen mit einer der heimischen Natur nachempfundenen Pflanzenauswahl. Auch Essbares wie Erdbeeren, Brombeeren, Ribisel und Stachelbeeren und Duftpflanzen wie Lavendel und Currykraut wurden eingeplant.

Bühnengarten

Der Bühnengarten verwirklicht das Prinzip: Kommunikation
Das 520 m² große Holzdeck aus Lärchenholz integriert die Bestandsbäume, eine vertiefte Freiluftklasse und eine riesige Bühne für Schulveranstaltungen. Die vertiefte Klasse wird nicht nur für den Unterricht, sondern - ganz im Sinne der Multifunktionalität - auch als mit Fallschutzkies gesicherte Sprunggrube genutzt. Das Lärchenholz bietet bei jeder Temperatur eine relativ warme Oberfläche und trocknet nach Regen schnell wieder ab.
Sitzstufen zum Internat und Naturgarten werden eifrig zum Sitzen, Laufen und Springen genutzt. Das Deck ist mit Pflanzbeeten gegliedert. Eine überdachte Freiluftklasse wurde in der Planung bereits vorgesehen und soll von der Schule in einem zweiten Umsetzungsschritt selber gebaut werden. Sie wird als regendichter Schattenraum eine wichtige Funktion erfüllen.